Literaturrecherche auf Oberstufenniveau

18.11.2019

Informationen zu einem Biologie-Thema zu recherchieren wirkt auf den ersten Blick relativ leicht und unkompliziert. Man gibt einfach das Recherchethema bei Google ein (z.B. "Erbkrankheit akute intermittierende Porphyrie" oder "Mäusebussard") und erhält in den meisten Fällen mehrere hunderte oder sogar tausende Suchtreffer. Einer der obersten Suchtreffer ist dabei meistens der Wikipedia-Eintrag zum Thema, in dem sich schon einmal viele Informationen zum Thema finden lassen.

Leider ist diese Suchstrategie in der Oberstufe nicht mehr ausreichend, da die Fragestellungen, mit denen man sich in der Oberstufe beschäftigt meistens komplexer sind und man daher detaillierte Informationen benötigt, als die Informationen auf Wikipedia oder den ersten Google-Treffern.

Auf Wikipedia befinden sich zu den meisten Themen nur grundlegende Zusammenfassungen, die nicht dem aktuellen Stand der Forschung entsprechen. Außerdem werden in Wikipedia-Artikeln keine tiefgehenden Fragestellungen abgehandelt. Vor allem zu molekularbiologischen Themen findet man bei Wikipedia häufig nur oberflächliche und unvollständige Informationen. Dies ist auch nicht verwunderlich, denn die Algorithmen von Google sind auf das Suchinteresse von großen Bevölkerungsgruppen ausgerichtet. So findet man bei der Suche nach Lactoseintoleranz eher Ernährungsratgeber, als wissenschaftliche Artikel, die sich mit den genetischen Ursachen beschäftigen. Im Wikipedia-Eintrag zur Erbkrankheit akute intermittierende Porphyrie stehen zu den genetischen Ursachen beispielsweise nur sehr oberflächliche Informationen:


"Der AIP liegt ein autosomal-dominant vererbter Defekt der Porphobilinogen-Desaminase (PBG-Desaminase), einem Enzym im Stoffwechselweg der Hämsynthese, zugrunde. Bekannt sind ca. 400 Mutationen des PBG-Desaminase-Gens auf Chromosom 11"


Diese Informationen reichen leider nicht, um den vorliegenden Gendefekt und den Zusammenhang zwischen den Krankheitssymptomen und der Funktionsunfähigkeit des Enzyms zu klären. Zudem tauchen in diesem Satz viele neue Fachbegriffe auf, die für einen Laien unbekannt sind und weitere Fragen aufwerfen (z.B. Was ist die Hämsynthese?). Leider hilft Wikipedia an dieser Stelle überhaupt nicht mehr weiter, da es z.B. keinen Wikipedia-Artikel zur Hämsynthese gibt. Trotzdem kann dieser Wikipedia-Eintrag aber der Ausgangspunkt für eine tiefgehendere Recherche sein. Wikipedia eignet sich also als erster Ausgangspunkt für Recherchen, aber auf keinen Fall als Hauptquelle.

Im folgenden werden einige Suchstrategien vorgestellt, durch die sich tiefgehende und detaillierte Informationen finden lassen:

Google: Suchen mit Anführungszeichen
Der Klassiker und wohl den meisten Google-Nutzern bekannt sind die Anführungsstriche. Angenommen, Sie suchen etwas über die ökologische Bedeutung von Käfern, dann werden sie zahlreiche Ergebnisse erhalten, in denen die einzelnen Worte vorkommen, z.B. einige Seiten über Käfer, einige Seiten aber auch über Ökologie allgemein. Wenn Sie aber die Anfrage in Anführungszeichen setzen, dann bekommen Sie nur Ergebnisse, die den feststehenden Suchbegriff "Ökologische Bedeutung Käfer" enthalten.

Google: Suchen mit Plus und Minus
Wer ein Minus vor ein Wort stellt, der kann Suchbegriffe ausschließen. Beispielsweise findet Google bei der Suche nach dem Begriff "Käfer" viele Suchtreffer im Zusammenhang mit dem VW-Käfer. Indem Sie -VW eingeben, werden alle Suchergebnisse ausgeschlossen, die etwas mit VW zu tun haben. Mit einem Plus können Sie Stoppwörter hinzufügen. Sie zwingen die Suche dann nach der Verwendung von Begriffen, die sie sonst einfach übergehen würde. Etwa "www" oder ".com". Denkbar wäre etwa ein Suchbegriff wie .

Google: Suchen mit "filtetype:"
Die Informationen auf den meisten allgemeinen Internetseiten sind viel zu oberflächlich und unausführlich. Selbst Artikel von Online-Zeitschriften, wie Zeit oder Spiegel gehen meistens nicht ausreichend in die Tiefe. Generell lassen sich viel umfassendere Informationen finden, indem man nach echten Veröffentlichungen von Wissenschaftlern sucht. Wissenschaftler veröffentlichen ihre Ergebnisse (z.B. Dissertationen) häufig im Internet zugänglich als pdf-Datei. Indem man in der Suche dann <"akute intermittierende Porphyrie" filetype:pdf< oder einfach nur <"akute intermittierende Porphyrie" pdf< sucht, findet man aktuelle Ergebnisse aus der Forschung. Natürlich sind meistens nicht die kompletten pdf-Dokumente relevant, aber jede dieser wissenschaftlichen Abhandlungen besitzt einen allgemeinen einführenden Teil, indem ein detaillierter Überblick über das Thema geboten wird, der grundsätzlich besser ist, als alle anderen allgemeinen Internetseiten.

Google Scholar nutzen
Bei der Seite https://scholar.google.de handelt es sich um eine von Google entwickelte Suchmaschine speziell für wissenschaftliche Veröffentlichungen. Wer hier sucht, der findet von vornherein nur echte wissenschaftliche Artikel und häufig sind diese bereits im pdf-Format.

Literatur-Quellen in Wikipedia und Dokumenten nachrecherchieren
Wikipedia ist ein gut geeigneter erster Ausgangspunkt für jede Recherche. Ganz unten auf jeder Wikipedia-Seite befindet sich eine Auflistung der von den Autoren verwendeten Quellen. Es lohnt sich, diese Quellen nachzurecherchieren, denn häufig findet man in den Original-Quellen viel umfangreichere Informationen als in der Zusammenfassung auf Wikipedia. Das gleiche gilt für die Literaturverzeichnisse von Artikeln aus dem Internet. Wenn man beispielsweise etwas zur ökologischen Bedeutung des Mäusebussards sucht und ein ganz gutes pdf-Dokument gefunden hat, lassen sich häufig im Literaturverzeichnis interessante weitere Quellen (häufig auch "echte" Bücher ausfindig machen.

Namen von Wissenschaftlern oder Organisationen recherchieren
Anhand der Literaturverzeichnisse aus Veröffentlichungen im Internet lässt sich häufig auch erkennen, dass es einzelne Forscher gibt, die zu einem bestimmten Thema besonders viel veröffentlicht haben. Durch die Recherche des Namens der Forscher können häufig noch weitere Artikel oder sogar Bücher zum selben Thema gefunden werden. Z.B. findet man ein umfangreiches, differenziertes Buch von Herrn Klausnitzer über den Hirschkäfer bei Amazon.

Gezielt spezifische Fachbegriffe kombinieren
Häufig stößt man bei deinen Recherchen immer wieder auf neue Fachbegriffe, die für das jeweilige Recherchethema wichtig sind. Diese Begriffe sollte man in neuen Kombinationen als Suchbegriffe bei Google verwenden. Wenn man z.B. zur akuten intermittierenden Porphyrie recherchiert, findet man als erstes den Wikipedia-Artikel mit dem oben stehenden Satz zur genetischen Ursache. In diesem Satz findet man eine Reihe an fachbegriffem die man zum Ausgangspunkt der weiteren Recherche nutzen kann, z.B. Porphobilinogen-Desaminase ,PBG-Desaminase oder Hämsynthese. Beispielsweise könnte man mit diesen Suchbegriffen weiterrecherchieren in Kombination mit der Bezeichnung Porphyrie weiterrecherchieren

Google-Bildersuche als Ausgangspunkt nutzen (auch Videos bei Youtube)
Eine weitere Möglichkeit, gezielt sehr spezielle Informationen zu finden, ist es, die Google-Bildersuche als Ausgangspunkt zu nutzen. Sucht man beispielsweise nach den genetischen Ursachen der Erbkrankheit Mukoviszidose und gibt bei der Google Bildersuche Mukoviszidose Mutation ein, dann findet man einige Visualisierungen des Ausschnitts des Gens, das bei dieser Erbkrankheit mutiert ist und der dafür verantwortlichen Missense-Mutation. Durch das Anklicken der Bilder gelangt man dann auf die Webseiten, auf denen passende Informationen zu finden sind. Ähnlich kann man auch mit Videos vorgehen. Durch die Suche nach einem bestimmten Thema bei Youtube erlangt man häufig gut animierte oder detaillierte Informationen.

Nicht davon ausgehen, dass alle gesuchten Zusammenhänge problemlos und einfach gefunden werden können.
Es ist fast niemals der Fall, dass man im Internet einen Artikel findet, der genau die Fragestellung umfassend erklärt, nach der man sucht. Häufig findet man in einem Artikel nur einen Anhaltspunkt oder einen neuen Fachbegriff, der dann wiederum weitere gezielte Recherchen ermöglicht.

Lesestrategien anwenden: Überfliegen von Google-Einträgen und gefundenen Artikeln (Suchfunktion (Strg+f)
Man sollte nicht zu viel Zeit verschwenden und jeden Suchtreffer intensiv lesen und durcharbeiten. Stattdessen sollte man durch das Anwenden von Lesestrategien die gefundenen Artkel erst einmal grob auf ihre Eignung hin überprüfen. Beispielsweise könnte man sich erst einmal die Abbildungen oder die Zwischenüberschriften im Artikel ansehen und anhand dessen entscheiden ob sich der Artikel eignet. Darüber hinaus kann mn auch durch die Tastenkombination Strg+f innerhalb von Artikeln nach einem bestimmten Begriff suchen und sich dann erstmal nur die Absätze durchlesen, in denen der Begriff vorkommt.

Englische Version von Wikipedia (Recherche auf Englisch generell)
Viele Biologie-Themen der Oberstufe sind entweder noch nicht besonders lange erforscht (alles unter 30 Jahren ist nicht lange) oder sie sind noch nicht vollkommen erforscht. Dadurch gibt es zu vielen Themen noch nicht besonders viele verständliche Informationen in deutsch, da die Forschungsartikel international in englisch verfasst werden. Wer gute Englischkenntnisse hat, sollte diese also einsetzen und sich trauen, auch englische Suchtreffer zuzulassen und durchzulesen. Man findet auf englisch viel aktuellere und detaillierte Informationen zu den meisten Themen.

Bibliotheken und Bücherhallen-Kataloge durchsuchen
Das Internet bietet zwar viele allgemeine Informationen, aber nachwievor sind Fachbücher gegenüber dem Internet bei den allermeisten Biologiethemen überlegen, da Fachbücher eine umfassende und zielgerichtete Zusammenstellung und Zusammenfassung liefern. In vielen Bibliotheken und Büchergallen findet man gute Fachbücher zu Oberstufen-Themen.

Das Schulbuch nutzen
Auch das Schulbuch eignet sich als Quelle für manche Themen. Der Vorteil des Schulbuchs ist, das es speziell auf die Zielgruppe Schüler zugeschnitten ist und damit besonders verständlich sein sollte. Schulbücher gehen zwar bei vielen Themen nicht sehr weit in die Tiefe, sondern gehen eher in die Breite und stellen viele Themenaspekte überblicksartig vor, aber trotzdem lohnt es sich, zu Beginn der Recherche, im Schulbuch nachzuschlagen.

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